AirPods Pro im Test: Die AirPods, die wir immer haben wollten

AirPods Pro im Test: Die AirPods, die wir immer haben wollten

Mit den AirPods Pro erfahren die kabellosen Bluetooth-Kopfhörer von Apple erstmals ein grundlegendes Redesign. Warum es sich lohnt, die 100 Euro Aufpreis in Kauf zu nehmen.

Die ersten AirPods von Apple waren so überzeugend, dass es vielen schwer fiel, sich eine Fortsetzung vorzustellen, die ebenso viel „Oh“ und „Aha“ auslöst. Wir erinnern uns: Damals waren kabellose Kopfhörer oftmals untereinander doch mit einem Kabel verbunden, also nur schnurlos mit Blick auf das anzuschließende Gerät. Zudem war es mitunter die reinste Qual, per Bluetooth den Erstkontakt herzustellen. Die AirPods klappte man auf, drückte einen Button – fertig! Und auch das Ladekonzept war und ist bis heute beeindruckend: Die Schatulle ist  hier mehr als Verwahrungsort, sondern selbst Ladestation, eine Art Zwischenpuffer, der die AirPods unterwegs noch länger nutzbar macht.

Mit den AirPods 2 – die erst drei Jahre später, 2019, vorgestellt wurden – verdichtete sich allerdings die Befürchtung, dass Apple schon ein ziemlich ausgereiftes erstes Produkt ausgeliefert hat: Die Schatulle ließ sich nun kabellos laden und Sprachassistentin Siri ist jederzeit ansprechbar – hier erschöpften sich schon die Neuerungen. Die 2. AirPods-Generation war ein klassisches Update.

Und hier sind die AirPods Pro. Die dritte Generation ist eigentlich eine Parallellinie, die Apple offenbar wegen des Aufpreises aufgemacht hat. Die „normalen“ AirPods gibt es also weiterhin und es stellt sich die Frage, ob es künftig bei zwei Linien bleibt oder ob Apple erstmal den Markt testet und am Ende entscheidet, dass den Pros die Zukunft gehört.

Die AirPods Pro sind die erste große Weiterentwicklung der AirPods und ein grundlegendes Redesign. Mit aktiver Geräuschunterdrückung und neuen Funktionen führen sie allerhand Neues ein. Wir haben sie einem Praxistest unterzogen.

Active Noise Cancelling

Kinderleicht: Die Einrichtung der AirPods Pro auf dem iPhone

Wir leben in einer lauten Welt, ohne dass uns das so unmittelbar bewusst ist. Wer mal eine Zugfahrt mit Noise Cancelling-Kopfhörern erlebt hat, merkt erst, wie laut der vermeintlich ruhige Fernzug wirklich ist. Im Gegensatz zu passiven Maßnahmen, die das Ohr gegen Störgeräusche abdecken, wird beim Active Noise Cancelling (ANC) zusätzlich ein Antigeräusch erzeugt. Dafür sind an den Außenseiten der Hörer kleine Mikrofone eingebaut. 2oo Mal pro Sekunde soll die Berechnung erfolgen, was dem Laien zunächst einmal wenig sagt. Im Ergebnis können einen ANC-Kopfhörer bemerkenswert gut von der Außenwelt abschirmen.

Jene Kopfhörer, die die Ohren umschließen, haben es dabei etwas leichter als In-Ear-Hörer. Denn ANC geht immer Hand in Hand mit passiver Abschottung – sonst funktioniert das Prinzip nicht. Die neuen AirPods Pro haben deshalb so genannte Tips, Silikonaufsätze, wie sie von vielen In-Ear-Hörern bekannt sind. Apple hat drei Größen beigelegt. Über die Einstellungen der AirPods Pro kann ein kleines Hilfsprogramm aufgerufen werden, das wenige Sekunden Musik abspielt und mittels Mikrofonen im Inneren ausmisst, ob die Ohren wirklich gut genug abgeschottet sind.

Der Weg zu diesem Hilfsprogramm ist etwas verwinkelt. Man muss dazu in die Bluetooth-Einstellungen (Einstellungen-Bluetooth) wechseln und dort auf das kleine „i“ tippen.

Der Erfolg des Noise Cancellings ist eng verbunden mit den kleinen Aufsätzen. Aus Nutzerberichten ist zu entnehmen, dass sie offenbar nicht jedem (optimal) passen. Es bleibt abzuwarten, ob vielleicht Dritthersteller auf den Zug aufspringen und weitere Aufsätze anbieten. Wer aber die AirPods Pro wegen der Geräuschunterdrückung kauft, sollte als erstes die Ohraufsätze testen.

Unser akustischer Maßstab beim Test waren die Bose QC35, Over-Ear-Kopfhörer mit Noise Cancelling. Auch wenn einige Rezensenten frohlockten, dass die AirPods Pro extrem nah dran seien, stellte sich zumindest in unserem Fall etwas anders dar: Zwar gibt es einen hörbaren Unterschied, wenn das Noise Cancelling aktiviert ist. Besonders bei sonoren, tiefen Dauergeräuschen macht sich das sehr bemerkbar (wie etwa in der Kühlabteilung im Supermarkt). Aber: Die QC35 bleiben für uns dennoch ungeschlagen an der Spitze. Ein vollwertiger Ersatz sind die AirPods Pro nicht. Das bedeutet freilich nicht, dass die AirPods Pro nicht trotzdem einen erheblichen Unterschied zum Positiven ausmachen.

Zudem haben die AirPods Pro einen anderen Vorteil, der das leichte Nachsehen gegenüber Bose relativiert: Sie sind ultramobil. Die QC35 nimmt man meist nur geplant mit – etwa auf Flugreisen. Die AirPods Pro wird man häufiger in der Jackentasche haben. Und man kann sich mit ihnen besser anlehnen, etwa im Flugzeug, ohne die Vibrationen auf den Kopfhörer zu übertragen. Auch im Liegen auf dem Sofa sind die In-Ears noch etwas gemütlicher als jede Over-Ear-Lösung.

Wir geben dem Noise Cancelling deshalb vier von fünf Punkten.

Der Sound

Die strukturellen Veränderungen, wie man die AirPods Pro ins Ohr steckt, die Ohrenaufsätze und das Noise Cancelling haben auch deutliche Veränderungen im Hörerlebnis zur Folge.

Die klassischen AirPods sitzen eher locker in den Ohren. Wer sie mit den Fingern beim Hören etwas anpresst, bemerkt, dass der Sound kraftvoller wird. Die AirPods Pro muss man nicht pressen, sie schmiegen sich durch die Ohraufsätze stärker an. Das hat zur Folge, dass der Ton in einer angenehmen Weise bassiger, kraftvoller klingt. Durch ein Ventil hat Apple dafür gesorgt, dass sich Bewegungen des Nutzers in Verbindung mit dem abgedichteten Ohr nicht zu dumpfen Geräuschen entwickeln. Weil die AirPods Pro enger mit dem Körper verbunden sind, ist es umso wichtiger, dass sie laut Apple Schweiß trotzen. So richtig wird sich das Tragegefühl unter wärmeren Bedingungen wohl erst im nächsten Sommer zeigen.

Die Veränderung mit den Ohraufsätzen verbessert auch das Hörerlebnis mit einem einzelnen AirPod erheblich. Liefen wir mit einem klassischen AirPod durch den Park, mussten wir uns oft viel stärker konzentrieren, um einen Podcast zu hören. Ein AirPod Pro liefert auch alleine einen starken Sound ab.

Rangierte die Tonqualität der klassischen AirPods für uns zwischen 3 und 4 von 5 Punkten, liegt sie für uns nun bei 4 bis 5 von 5.

Transparenzmodus

Der so genannte Transparenzmodus ist wohl die Funktion, die viele – auch wir – am Anfang am meisten unterschätzen. Er wird aktiviert, indem das Stummelschwänzchen des AirPods für einen Moment zusammengedrückt wird. Zwei unterschiedliche Töne signalisieren dem Nutzer, ob der Modus ein- oder ausgeschaltet ist.

Was zunächst wie das Abschalten des Noise Cancellings anmutet (die eine dritte Option in der Lautstärkeeinstellung auf dem iPhone), ist viel mehr. Apple stellt nämlich die Außenmikros auf Durchzug. Es wird also nicht einfach nur der Gegenschall abgeschaltet, sondern der Außenton mit dem der AirPods gemischt. In der Folge wirkt es, wenn gerade kein Ton abgespielt wird, so, als habe man die AirPods Pro gar nicht in den Ohren. Mitunter hört man sogar besser damit als ohne, was ein kurioser Effekt ist, wenn man die AirPods Pro aus den Ohren nimmt und plötzlich schlechter hört.

Diese Vermengung vom Ton der Außenwelt und dem Tonsignal ist in vielen Alltagssituationen eine praktische Verbesserung, bleibt man doch für andere Menschen ansprechbar. Sollte Apple irgendwann eine Augmented-Reality-Brille veröffentlichen, wäre das Transparenzmodus der dazu passende Ton. Vielleicht sind die AirPods Pro in der Beziehung ja sogar ein Vorbote für Audio AR.

Aussehen der AirPods Pro

Das Aussehen der AirPods Pro könnte man stellvertretend für die Veränderungen insgesamt ansehen: Hier ist ein Grundprinzip beibehalten worden, das aber in vielerlei Hinsicht optimiert und windschnittiger ist.

Vorbei die Zeiten der „Zahnbürstenköpfe“: Die AirPods Pro haben kürzere Stummel, sind insgesamt kurviger und schnittiger, wobei im Bereich der Hörer selbst funktionsbedingt etwas mehr Raum gegeben wurde.

Eine deutliche Verbesserung sind die kleinen Schalter an den Stummeln. Sie klicken bei Betätigung und erscheinen uns zuverlässiger als die bisherige Antipp-Methode. Die Funktionen links und rechts können dabei unterschiedlich belegt werden.

In den Stummeln sitzen weiterhin Mikrofone, die aus den AirPods Pro eine Freisprecheinrichtung mit guter Akustik machen.

Die größte Verbesserung ist aber der Sitz der Hörer in den Ohren. Die „klassischen“ AirPods sind uns zwar nicht ständig, aber schon bei einer Handvoll Spaziergängen aus den Ohren gefallen. Ganz zu schweigen von Arbeiten im Haushalt, wo man sich nach vorne beugen muss: Hier war das Tragen immer eine Wackelpartie, überschattet von der Sorge, dass einem ein AirPod herausfällt. Mit den AirPods Pro plagen uns solche Sorgen nicht mehr. Die Ohrenstücke fixieren sie perfekt. Gleichwohl bleibt die Frage, ob der Nutzer das passende Ohr hat, bestehen.

Das Case

Links das Case der AirPods Pro, rechts das der AirPods der 2. Generation

Das veränderte Design der AirPods Pro bedingt offenbar, dass auch das alte Schatullen-Design nicht mehr so möglich war. Haben die „klassischen“ AirPods ein hochkantes Case mit schmaler Klappe, ist es bei den Pros umgekehrt: Die Schatulle ist breiter als hoch und die Klappe entsprechend viel breiter. Wie bei den anderen AirPods knarzt der Kunststoff ein wenig, wenn man mit den Fingern darüber streicht, besticht aber durch gute Stabilität.

Durch die Querausrichtung sind die AirPods Pro auch im Case gleich als solche zu erkennen. Maßgeblicher Grund für die Veränderung dürfte wohl der veränderte Schwerpunkt der Hörer gewesen sind, die nun deutlich kopflastiger sind. Nicht zuletzt brauchen auch die hinzugekommenen Ohraufsätze Platz.

Im Größenvergleich ist die neue Schatulle etwas größer, der Unterschied fällt aber nur marginal ins Gewicht, so dass sie immer noch ein wunderbarer Alltagsbegleiter sind.

Das Handling

Bei der Einrichtung bzw. Bedienung ist alles beim Alten geblieben: Zur Einrichtung wird das Case neben dem iPhone aufgeklappt, ein Button bestätigt und schon kann es losgehen. Auch Wechsel des Geräts bzw. das Aktivieren zur Nutzung durch Einsetzen der Hörer in die Ohren folgen der bekannt-beliebten Art. Nimmt man die Hörer aus den Ohren, stoppt die Musik – setzt man sie wieder ein, wird sie fortgesetzt. Auch das ist geblieben. Seit iOS 13 ist es nun auch möglich, mit mehreren AirPod-Paaren gleichzeitig Musik zu hören.

Das beste Erlebnis bleibt freilich weiterhin der iOS-Welt vorbehalten. Mit dem Mac ist die Nutzung via AirPlay noch vergleichsweise komfortabel, wer die AirPods Pro mit Android-Geräten nutzt, profitiert zwar von den Hardware-Funktionen, aber nicht vom optimalen Software-Erlebnis.

Verbesserungswürdig erscheint uns derzeit noch das Auffinden der Einstellungen der AirPods, denen bei den Pros nun eine höhere Bedeutung zukommt.

Akkulaufzeit

Wie bei den „klassischen“ AirPods dient das Case als eine Art Zwischenpuffer, in dem die Hörer rasch aufgeladen werden können. Apple verspricht 24 Stunden Batterielaufzeit in der Kombination aus Case und AirPods. Die AirPods Pro selbst sollen 4,5 Stunden durchhalten und nach fünf Minuten im Case wieder genug Ladung für eine Stunde haben. In unserem in Tagen gesehen noch recht kurzen Test empfanden wir diese Werte als durchaus realistisch.

Fazit

Bei aller Freude über die ersten AirPods: Es gab von Anfang an das eine oder andere Wenn und Aber, das  auch über die Jahre nicht an Bedeutung verlor. Die spannende Frage war stets, ob Apple diese Punkte aufnimmt bzw. ob sie es bei dieser ohnehin bemerkenswerten Ingenieursleistung im Kleinen überhaupt so einfach können.

Die AirPods Pro treten den Beweis an: Sie können. Und damit halten wir nun endlich die AirPods in den Händen, die wir immer haben wollten. Sie klingen noch besser, halten Störgeräusche draußen und sitzen fest, aber dennoch bequem. Und mit dem Transparenzmodus gibt es nun auch noch eine Funktion, die die AirPods zum Always-on-Device macht.

Nun lässt sich Apple diesen Unterschied aber auch bezahlen: Wer schon AirPods besitzt, muss nicht nur die 179 Euro bzw. 229 Euro (mit kabellosem Ladecase) noch einmal hinblättern. Er kommen sogar noch fast 100 Euro mehr dazu. Knapp 300 Euro für ein Paar Kopfhörer – das ist für viele keine Pappenstiel.

Wer die AirPods liebt, sie rege nutzt und die bestmöglichen haben möchte, der dürfte an den AirPods Pro zweifellos Gefallen finden. Wer seine Over-Ear-Noise-Cancelling-Kopfhörer auf den den Altenteil schicken möchte, sollte jedoch kritisch prüfen, ob wirklich die erhoffte Gleichwertigkeit  in der Geräuschunterdrückung gegeben ist.

Eine weitere Frage ist natürlich bei dem Preis, wie beständig die AirPods Pro in punkto Akkus sind. Das ist bei Erstgeräten immer eine Wette auf die Zukunft.

Andererseits – und das ist vielleicht der Vorteil der späten Veröffentlichung der Pro-Modelle – haben wir im Gegensatz zu den ersten AirPods zumindest Erfahrungswerte von den Vorgängermodellen. Meine ersten AirPods sind heute immer noch voll einsatzfähig und in der Familie weitervererbt. Zum anderen haben sich die Wearables zu einem sehr umsatzträchtigen Ressort in Apples Bilanz entwickelt. Es gibt also sehr viele Nutzer, aber öffentlich nur wenige Klagen.

Das Pro im Namen der AirPods Pro lässt erwarten, dass die beiden Ohrhörer eine Stufe über den Original-AirPods stehen. Und diesem Anspruch werden sie gerecht. Auch wenn sie ohne ein Event kamen: Die AirPods Pro sind eine der spannendsten Apple-Neuerscheinungen des Jahres 2019.

Über die AirPods Pro haben wir außerdem ausführlich in Apfelfunk 196 gesprochen:

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Geschrieben von
Malte
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