iPhone 12 Pro im Test: Mag(net)ische Anziehungskraft

iPhone 12 Pro im Test: Mag(net)ische Anziehungskraft

Vier iPhones hat Apple im Oktober 2020 präsentiert. iPhone 12 und iPhone 12 Pro liegen näher beieinander als die Vorgängergenerationen. Was die 12-er-Linie gut kann und warum sich ein Pro lohnen könnte.

Waren das noch Zeiten, als ein einziges iPhone genügte, um die Massen zu begeistern. Als neue Geräte noch jährlich wie große Revolutionen wirkten. Warum die Rückbesinnung? Nun, die diesjährige iPhone 12-Generation weckt unweigerlich einige Erinnerungen an die 13-jährige Geschichte des Smartphones aus Cupertino. Da ist zum Beispiel der Wechsel zum iPhone 4 vor zehn Jahren. Es bestach neben anderen Funktionen durch ein neuartiges Design mit Glas an Vorder- und Rückseite sowie einem Metallrahmen. Nicht wenige denken beim Anblick des iPhone 12 daran zurück. Und natürlich erinnern sich viele noch das zweite iPhone, das iPhone 3G, das UMTS einführte und die Datennutzung erst zum Vergnügen machte.

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Das iPhone 12 Pro, das wir zwei Wochen getestet haben, und seine Geschwister-Geräte – das iPhone 12, das iPhone 12 Mini und das iPhone 12 Pro Max – vereinen nach damaligen Kriterien gleich mehrere revolutionäre Schritte in sich. Sie unterstützen als erste iPhones den 5G-Mobilfunk. Und sie erscheinen nach drei Modellgenerationen im iPhone X-Design in einem veränderten Gehäuse, das einer Verneigung vor dem Kult-Design des iPhone 4 und seiner Nachfolger gleicht.

Dennoch würde wohl kaum einer das Wort Revolution in den Mund nehmen. Die Menschen haben sich an das Ausmaß der Entwicklungsschritte gewöhnt. Es ist wie bei einem Zauberer, der am Anfang seine besten drei Tricks gezeigt hat. Sein vierter, fünfter und sechster Trick haben es dann besonders schwer – egal, wie gut sie sind. Zudem wird es immer anspruchsvoller, allgemein als Fortschritt empfundene Verbesserungen einzuführen. Es gibt zum Teil riesige Entwicklungen, aber sie erfüllen oft die Bedürfnisse bestimmter Zielgruppen. Nehmen wir nur mal die Prozessoren: Die Leistungssteigerungen sind nach wie vor immens. Hier von Stagnation zu sprechen, entbehrt jeder faktischen Grundlage. Gefühlt erscheinen uns Smartphone-Prozessoren heute aber oftmals schnell genug.

Liegt gut in der Hand: Das neue Design des iPhone 12 Pro ist ein Handschmeichler.
Liegt gut in der Hand: Das neue Design des iPhone 12 Pro ist ein Handschmeichler.

Die ersten Smartphones waren rückblickend betrachtet manchmal gar nicht so revolutionär. Sie räumten oftmals lediglich mit allgemein empfundenen Defiziten der ersten Generationen auf. Weil das aber aus damaliger Sicht eine beeindruckende technische Leistung war und viele davon betroffen waren, sind uns diese Geräte besonders positiv in Erinnerung geblieben.

Die iPhones mit der 12 bringen vier Verbesserungen mit sich, die sie von ihren Vorgängern abheben. Zwei entfalten sofort einen Nutzen. Zwei sind Funktionen, die eher langfristiger Natur sind.

Links das iPhone 12 Pro, rechts das iPhone 11 Pro.
Links das iPhone 12 Pro, rechts das iPhone 11 Pro.

Apple zeigt Kante: Das neue Design

Der erste unmittelbare Nutzen ist das Design. Dass Apple wieder Kante zeigt, ist eine erfreuliche, wenngleich wahrscheinlich pragmatische Entwicklung. Der Metallrahmen ist zugleich als 5G-Antenne nützlich. Aber das Gerät mit 6,1-Zoll-Display liegt dadurch auch sehr gut in der Hand. Es ist griffig und der im iPhone X eingeführte nahezu rahmenlose Bildschirm kommt noch besser zur Geltung. Neu ist, dass alle aktuellen iPhones den kontraststarken OLED-Bildschirm (Kontrast 2 Mio. zu 1) erhalten haben. Für wen das iPhone nicht nur Gebrauchsgegenstand, sondern auch Accessoire, Statussymbol oder Schmuckstück ist, der bekommt nach entbehrungsreichen Jahren etwas Neues, Schönes in die Hand. Und das Pro mit seinem Edelstahlrahmen und seinen edlen Farbtönen (Graphit, Silber, Gold, Pazifikblau) sieht noch einmal besser aus als das 12 mit seinem Alurahmen und eher markanten Farben.

Auch die neuen Hüllen haben einen Magneten.
Auch die neuen Hüllen haben einen Magneten.

Anziehend: MagSafe

Die zweite Funktion mit unmittelbarer Wirkung ist MagSafe. Apple hat den Namen, den einst das Ladegerät der MacBooks trug, für das iPhone wieder aufleben lassen. Zwei Magneten, ein kreisrunder und ein kleiner länglicher, dienen nun dazu, Zubehör wie Hüllen, Kreditkartenhalterungen, vor allem aber kabellose Ladegeräte magisch anzuziehen und auszurichten. Vorbei die Zeiten, in denen ein iPhone vom Qi-Ladegerät rutscht und am nächsten Morgen nicht aufgeladen ist. Einziges Ärgernis: Das MagSafe-Ladekabel muss extra (44 Euro) gekauft werden und enthält aber nicht einmal den nötigen 20-Watt-Ladestecker. Der kostet auch extra (24 Euro) und es darf auch nur der von Apple sein, um die maximale Kapazität von 18 Watt zu laden. Andere USB-C-Netzteile laden – Stand heute – langsamer mit maximal 10 Watt. Dennoch ist MagSafe eine einfache, aber sehr nützliche Idee und es steht zu erwarten, dass viel Zubehör von anderen Herstellern folgt. Schon lange kleben einige Nutzer selbst Magneten an ihre Smartphones, um Zubehör zu befestigen. Die eingebauten Magneten sind natürlich die bessere Variante.

Schnell und schlau: Der A14 Chip

Zu den langfristig nützlichen Funktionen zählen der neue A14 Chip und 5G-Mobilfunk. Der A14 mit seinem Sechs-Kern-Prozessor und Vier-Kern-Grafikchip zieht seinen ohnehin branchenführenden Vorgängern in Tests davon. Alleine: Die Prozessoren sind seit Jahren schon so schnell, dass der Anwender im Alltag kaum eine Änderung bemerkt. Lediglich bei sehr anspruchsvollen Spielen, Videoschnitt oder anderen multimedialen Anwendungen werden die Zugewinne sichtbar. Und hier kommt auch die andere Hälfte des A14 zum Tragen, nämlich die 16-Kern-Neural-Engine, die jetzt 70 Prozent schnelleres Maschinenlernen ermöglicht und der Bildsignalprozessor. Beide entfalten ihren Nutzen heute schon in der computerunterstützten Fotografie, wo selbst Gegenlicht- oder Fotos bei Nacht gestochen scharf sind und alle möglichen Details zeigen. Apple hat, das ist kaum ein Geheimnis, noch viel damit vor, zum Beispiel im Bereich der Augmented Reality (AR). Der A14 ist folglich eine Zukunftsinvestition, so wie ein aktueller Chip bei Apple-Geräten ohnehin immer schon einen Vorteil brachte: Er wird viele Jahre lang mit Updates versorgt.

5G bedeutet nicht automatisch Highspeed. Gerade im Ländlichen werden Datenraten erreicht, die eher DSL-Niveau entsprechen. Mit 5G ist das iPhone aber für bessere Zeiten gerüstet.
5G bedeutet nicht automatisch Highspeed. Gerade im Ländlichen werden Datenraten erreicht, die eher DSL-Niveau entsprechen. Mit 5G ist das iPhone aber für bessere Zeiten gerüstet.

Perfekte Welle: 5G

Der 5G-Mobilfunk soll helfen, große Datenmengen bei schnellen Übertragungszeiten auf die Geräte zu schaufeln. 5G ist überdies massentauglicher, was gerade in Ballungsräumen einer Überlastung entgegenwirkt. Aber 5G steckt noch in den Kinderschuhen. In Deutschland ist es noch gar nicht so lange her, dass die Netzbetreiber überhaupt mit dem Aufbau begonnen haben. Und die verwendeten Modems in den Smartphones sind noch sehr energieintensiv. Das heißt, 5G-Nutzung belastet den Akku. Apple hat das sehr schlau mit dem Smart Data Mode gelöst, der nur dann 5G aufschaltet, wenn es aus Sicht des Geräts auch benötigt wird. Umgekehrt muss man erst einmal ein paar Schalter in den Einstellungen betätigen, wenn man es drauf ankommen und immer 5G nutzen möchte.

Wir wollten das natürlich und stießen gleich auf eine Hürde. Denn mit unserer SIM-Karte von Vodafone kommen wir hier nicht weit. In Bremen und im tiefsten Ostfriesland sind die ersten 5G-Antennen. Telefonica hat aktuell noch nicht einmal eine 5G-Netzkarte. Glücklicherweise half uns die Telekom mit einem Testzugang aus, denn sie hat bereits an mehreren Punkten in unserer Umgebung 5G ausgebaut, unter anderem in beliebten Ferienorten an der Nordsee.

Hier soll um das Erlebnis im Allgemeinen gehen und da sind die Übergänge zu LTE tatsächlich fließend. Größere Datenmengen werden an einigen Stellen tatsächlich spürbar schneller übertragen. Aber für heutige Alltagsanwendungen reicht der Mobilfunk der 4. Generation – so er denn überall verfügbar ist – vollkommen aus.

Das wird sich natürlich ändern. Der Breitbandhunger der Menschen ist über die Jahre massiv gewachsen und einst konnte sich keiner vorstellen, dass zum Beispiel 16 Megabit eines Tages als sehr langsam betrachtet wird. 5G-Fähigkeit im Smartphone bedeutet Zukunftsfähigkeit. Besonders für das zweite Leben der Geräte, wenn der Erstnutzer sich nach durchschnittlich zwei bis drei Jahren davon trennt, ist 5G aus heutiger Sicht wichtig und erhöht den Wiederverkaufswert. Aktuell ist der Nutzen eher begrenzt, die Möglichkeit funktioniert aber solide und einwandfrei.

Auf der Rückseite sind die drei Kameras zu finden: Ultraweitwinkel, Weitwinkel und Tele. Neu ist der Lidar-Sensor, der den Autofokus beschleunigt.
Auf der Rückseite sind die drei Kameras zu finden: Ultraweitwinkel, Weitwinkel und Tele. Neu ist der Lidar-Sensor, der den Autofokus beschleunigt.

Warum ein Pro?

Nun haben die vorgenannten Funktionen alle vier iPhones. Welches sollte man sich also kaufen und warum das 6,1 Zoll große Pro? Einfach fällt die Entscheidung, wer unbedingt ein sehr kleines Display haben möchte (iPhone 12 Mini) oder das Größte (Pro Max). Beide erscheinen erst Mitte dieses Monats. Schwieriger ist die Entscheidung zwischen dem 12 und 12 Pro. Die Unterschiede liegen in der Bauweise und vor allem in den Kameras. Das Pro hat neben Weitwinkel und Ultraweitwinkel eine Telelinse mit zweifacher Vergrößerung. Das Weitwinkel ist zudem etwas lichtempfindlicher. Wer die bessere Kamera haben möchte, kommt um das Pro nicht herum. Wer die beste will, benötigt dieses Jahr das Pro Max, denn seine Kamera ist noch etwas besser.

Weitere Vorzüge des Pro sind etwas mehr Arbeitsspeicher (6 statt 4 Gigabyte), ein in der Spitze leicht helleres Display und die größeren Speicheroptionen (128, 256, 512 GB). Wer eine oder mehrere der vorgenannten Unterschiede wertschätzt, zahlt einen durchaus angemessenen Aufpreis von 200 Euro gegenüber den iPhone 12-Modellen mit gleicher Speichergröße.

Fazit & Kaufberatung

Für wen lohnt sich Kauf oder Umstieg? Hier gilt die mittlerweile schon klassische Formel: Besitzer von Vorgängergeräten haben umso mehr Nutzen, je älter ihr Gerät ist. Das heißt: Der Umstieg vom 11 Pro ist zum Beispiel nur sinnvoll, wenn eine oder mehrere Funktionen explizit gewünscht sind. Wer noch gar nicht im iPhone X-Zeitalter angekommen ist, der bekommt nicht nur eine stark weiterentwickelte Version dieser Gerätekategorie, sondern auch gleich noch das zukunftstaugliche 5G.

Was bleibt, ist, dass Apple sich im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern als recht konservativer Konstrukteur von Smartphones positioniert. Während andere neue Rekorde beim Zoom, beim schnellen Laden oder der Faltbarkeit ihrer Displays suchen, setzt Apple auf seine Grundwerte Design, das Gesamtpaket, Solidität und neuerdings auch Nachhaltigkeit mit immensen Bemühungen bei Klimaschutz und Recycling. Entwicklungsschritte wie 5G werden mit Bedacht gesetzt. Vielleicht ist deshalb ein iPhone auch nach Jahren noch gut wiederzuverkaufen. In jedem Fall hält das iPhone 12 Pro diese Werte in Ehren und hat – nicht nur wegen MagSafe – nichts an seiner magischen Anziehungskraft eingebüßt.

Geschrieben von
Malte
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