iPad Pro mit M1 im Test: M wie Mehr

iPad Pro mit M1 im Test: M wie Mehr

Bei der Hardware sind iPad-Nutzer Höchstleistungen von Apple gewöhnt. Das 2021-er-Modell verspricht hier noch mehr Leistung. Doch ein Punkt trübt das Bild. Welcher das ist und für wen sich dieses iPad empfiehlt – ein Test.

Mit neuen technischen Geräten ist es manchmal wie mit zukünftigen Spitzensportlern: Ihre Entdecker sehen das Potenzial. Aber es fehlt noch etwas in der Praxis, um es zu schöpfen.

Das neue iPad Pro von Apple, das wir seit einigen Wochen testen, steckt voller Potenziale. Aber längst noch nicht überall werden sie gehoben.

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Der M1 kommt aufs iPad

Das fängt gleich beim Prozessor an. Der eingebaute M1-Chip ist seit vergangenem Jahr aus den neuen Mac-Computern bekannt. Apple setzt dort jetzt auf Eigenentwicklungen anstelle der Intel-Prozessoren. Beim iPad kamen seit Anbeginn Prozessoren der hauseigenen A-Reihe zum Einsatz. Dass nun auf die frischgebackene M-Reihe umgeschwenkt wird, überrascht im ersten Moment. Aber am Ende ist es vor allem ein Marketingbegriff, dessen positive Wirkung jetzt auch auf das iPad ausstrahlt, und im M1 steckt letztlich sehr viel A. Allerdings ist der Prozessor noch einmal deutlich leistungsfähiger als seine Vorgänger im Vorjahres-iPad. Von bis zu 50 Prozent ist die Rede – zumindest auf dem Benchmark-Papier. Apple beziffert zudem erstmals die Größe des Arbeitsspeichers. Je nach Speicherplatz gibt es 8 oder 16 Gigabyte. Auch das ist mehr Speicher als die bisherigen sechs Gigabyte.

Viele Software-Wünsche

Doch wo nützt einem die Leistung im Alltag? Beispiele sind mit dem Export von 4K-Videos in der App Lumafusion, Fotobearbeitungen in Affinity Photo oder Photoshop und anderen pixel- und rechengewaltigen Anwendungen schnell gefunden. Im Netz waren und yind jedoch viele Stimmen von Nutzern zu hören, die sich mehr wünschten. Bis heute gibt es etwa keine iPad-Versionen von Apples eigener Pro-Software, der Videoschnittlösung Final Cut Pro und der Musikbearbeitung Logic Pro. Bei der Programmierung gibt es mit der Erweiterung der Lern-App Swift Playgrounds immerhin einen Fortschritt. Künftig können damit ganze Apps entwickelt und in den App Store gebracht werden. Die Mac-Software Xcode bleibt jedoch weiterhin mächtiger. In vielen Fällen führt weiterhin kein Weg dran vorbei.

Eine Freude bei HDR-Videos: Der neue Bildschirm.

Damit ist das iPad Pro vielfach keine vollwertige Alternative zum Macbook. Aber je nach Einsatzzweck ist es nicht einmal ein vollwertiger Kompagnon. Andererseits: Wie bewahrt Apple in Zukunft einen der großen Vorzüge der iPads – die Einfachheit – und flößt dem Gerät gleichzeitig mehr Detailtiefe und Möglichkeiten ein? Anders als bei den Consumer-Geräten, wo der Weg der Einfachheit vorgezeichnet ist, möchte man tatsächlich nicht in der Haut der Entscheider bei Apple stecken, da jeder Vorstoß Kritiker finden wird. Andererseits: Stillstand oder Stagnation ist auch keine Lösung. Der Ruf nach mehr Mut und Einsatz wird mit der Zeit immer lauter werden, je weiter die Schere zwischen Hardware und Software aufgeht.

Und Apple macht zwar in iPadOS 15, das im Herbst erscheint, das Multitasking – also das gleichzeitige Anzeigen mehrerer Apps – besser sichtbar. Wirkliches Multitasking, dass Apps im Hintergrund uneingeschränkt weiterlaufen, wenn sie nicht sichtbar sind, spendieren die Kalifornier trotz des „Ferrari-Motors“ im iPad aber nicht.

Über die Gründe lässt sich vielfältig spekulieren. Doch auch wenn das Potenzial absehbar noch nicht voll ausgeschöpft wird, ist es erst einmal da. Und die Erfahrung lehrt, dass Apple solche Potenziale – siehe NFC-Chip zum mobilen Zahlen oder U1-Chip für Ultraweitband-Anwendungen – Jahre vorher schon einbaut, kaum nutzt und dann auf einmal Großes damit macht.

Nach dem iPhone beherrscht jetzt auch das iPad Pro 5G-Mobilfunk.

Besserer Bildschirm – beim großen Modell

Von Anfang an sichtbar sind hingegen die Verbesserungen am Bildschirm – zumindest bei der größeren 12,9-Zoll-Display-Variante. Dort sind statt bislang 72 LEDs zur Beleuchtung nun 10 000 kleine Mini-LEDs eingebaut. Diese Änderung bewirkt zweierlei: Erstens ist der Kontrast kleinteiliger steuerbar, so dass schwarze Bereiche wirklich dunkel sind und nicht grau leuchten. Wir kennen dies von den OLEDs in aktuellen iPhones, doch die sind nicht so leuchtstark und sind dafür recht teuer. Weil die Mini-LEDs aber so leuchtstark sind, entstehen gerade bei HDR-Videos ganz neue Erlebnisse, weil etwa ein gezeigter Sonnenuntergang viel realistischer aussieht. Als wir das gleiche Videos auf neuem und alten iPad Pro nebeneinander laufen ließen, wirkte die Szene auf dem alten Gerät fast schon hinter einem Grauschleier verborgen.

Das kleinere 11-Zoll-iPad Pro hat dieses bessere Display nicht. In vielen Anwendungsfällen spielt das aber auch gar keine Rolle. Das neue Display ist vor allem für jene interessant, die mit HDR-Material arbeiten – deshalb wurde es wohlweislich wohl gleich nur im großen Gerät eingebaut.

Mit Center Stage bleibt man in Videokonferenz (fast) immer im Bild.

5G, Center Stage und mehr

Zu den erfreulichen Neuerungen zählen außerdem die Einführung von 5G-Mobilfunk – wie bislang kostet die Cellular-Variante etwas mehr als die WLAN-iPads. Der USB-C-Port beherrscht nun Thunderbolt. Dies ermöglicht es, einige Zubehörgeräte anzuschließen, die bislang nicht unterstützt wurden. Bei externen Bildschirmen spiegelt das iPad allerdings weiterhin nur den iPad-Bildschirm und das auch nur in dessen Bildschirmverhältnis.

Eine tolle Homeoffice-Lehre ist die Ultraweitwinkel-Kamera auf der Vorderseite. Sie ist nicht nur von höherer Bildqualität, sondern fokussiert und folgt dem Anwender automatisch via künstlicher Intelligenz. Dafür brauchte es kein bewegliches Bauteil, sondern aus dem Ultraweitwinkel wird jeweils ein Weitwinkel-Bild in Echtzeit herausgeschnitten. Die Funktion dazu heißt „Center Stage“ und wird von immer mehr Apps unterstützt. Dem Betrachter erscheint es so, als wenn jemand die Kamera führt.

Ansonsten bleibt es bei Bewährtem: Der 12-Megapixel-Weitwinkel- und 10-Megapixel-Ultraweitwinkel-Kamera auf der Rückseite und dem Lidar-Sensor zur besseren Fokussierung.

Sehr schick: Das neue Magic Keyboard in weiß.

Magic Keyboard in weiß

Die Zubehörtastatur mit eingebautem Trackpad namens Magic Keyboard gibt es jetzt in einer weißen Variante, die von der Bedienung her genauso gefällt wie das Vorjahresmodell. Erfreulich: Für Verschmutzungen und Gebrauchsspuren hat sie sich bislang im Test nicht als anfälliger erwiesen als die dunkle Variante.

Der hohe Preis von 339 Euro bleibt allerdings auch bestehen.

Fazit: Das beste Pferd im Stall?

Insgesamt ist das neue iPad Pro – wenig verwunderlich – Apples bestes Pferd im iPad-Stall. Schade ist nur, dass Apple es noch nicht vollends auf die Rennbahn lässt. Auf dem Papier steckt deutlich mehr in diesem Tablet, als es im Alltag erkennen lässt. Bei der Hardware gibt es wenig zu meckern, allenfalls ein paar mehr Anschlüsse würde sich mancher Pro-Nutzer vielleicht wünschen. Bei der Software ist der Wunschzettel länger und die Abspaltung des Betriebssystems vom iPhone vor einigen Jahren hat hier massiv Hoffnung wachsen lassen. Nun darf man gespannt sein, ob Apple in den nächsten Jahren das gewaltige Potenzial auch in Leistung ummünzt.

Kaufen oder nicht kaufen? Die Software ist vielleicht ein Grund zum Warten, aber mehr auch nicht. Wer das Mehr an Leistung jetzt benötigt, kann dank Apples weitreichender Update-Kultur darauf hoffen, dass die Potenziale in den kommenden Jahren noch geschöpft werden. Blicken wir über den Direktvergleich mit dem Vorjahresmodell mal hinweg, hat das iPad Pro eine sehr positive Entwicklung über die Jahre genommen und bietet heute schon viele Möglichkeiten, produktiv damit zu arbeiten.

Und die gute Nachricht für all jene, denen das Pro zu teuer ist: Weil Apple softwareseitig so wenig aus dem Pro-Aspekt macht, müssen Käufer eines iPad Air oder gar des Standard-iPads zumindest bei der Software gar nicht so große Abstriche machen. Die Kaufentscheidung richtet sich weiterhin vor allem nach dem Leistungsvermögen der Hardware.

Das iPad Pro ist ab 879 Euro (11 Zoll) bzw. 1199 Euro (12,9 Zoll) erhältlich. Speicherausstattung wahlweise mit 128, 256, 512 GB bzw. 1 und 2 Terabyte. Mobilfunk gegen Aufpreis erhältlich. Farbtöne: Space-Grau und silber.

Lieber hören statt lesen? Im Apfelfunk Podcast haben wir das neue iPad Pro ausführlich besprochen.

Geschrieben von
Malte
1 Kommentar

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