Ist die Apple Watch SE ein guter Deal?

Ist die Apple Watch SE ein guter Deal?

Apple hat im September 2020 die Apple Watch SE vorgestellt. Sie kommt im Gewand der aktuellen Uhren, macht aber Abstriche bei einigen Funktionen. Lohnt sich der Kauf? Wir haben die Uhr getestet.

Um den Use Case, den Gebrauchsfall, der neuen Apple Watch SE zu erkennen, musste ich im Test gar nicht weit blicken. Seit zwei Jahren, als die Series 4 mit ihrem größeren Bildschirm auf den Markt kam, läuft eine Diskussion zwischen meiner Frau und mir: Einerseits möchte sie auch gerne diesen großen Bildschirm mit kleinem Rand und das gegenüber den vier Vorgängermodellen modernisierte Design haben. Andererseits war ihr der Kaufpreis für ihren Gebrauchsfall zu hoch: EKG, das stets leuchtende Always-On-Display und neuerdings der Blutsauerstoffsensor sind ihr nicht so wichtig. Zumindest nicht so wichtig, dass es den Anschaffungspreis der neuesten, besten Apple Watch rechtfertigt. Die erste Apple Watch, die Series 0, tut es doch noch. So endet das Thema am Küchentisch in der Regel.

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Unser Video-Test zur Apple Watch SE

SE: Eine neue Linie

Die im September 2020 vorgestellte Apple Watch SE soll nun ein Kompromiss sein zwischen einem Preis, der für den durchschnittlich interessierten Nutzer erschwinglich ist. Und einem Best-Of der Funktionen der modernsten Apple Watches auf der anderen Seite. SE – diesen Namen kennen wir vom gleichnamigen iPhone. Es wurde 2016 als zusätzliche Linie erstmals aufgelegt, ruhte dann vier Jahre, bis in diesem Frühling ein neues iPhone SE erschien. Viele glaubten vorher, dass der SE-Gedanke tot ist. Von wegen – so lebendig wie 2020 war der Name SE noch nie. Wofür SE steht, das verrät Apple allerdings bis heute nicht. Viele vermuten, dass es “Special Edition” heißen könnte, weil diese Modelle aus der Reihe tanzen.

So ist es auch bei der Apple Watch mit der Bezeichnung SE. Sie kann sogar einiges, was sonst nur das aktuelle Topmodell, die Series 6, beherrscht (immer aktiver Höhenmesser). Andererseits fällt sie bei anderen  Funktionen hinter das ältere Vorgängermodell, der Series 5, zurück (Always-on-Display). Und zum Teil ist sogar das Vor-Vorgängermodell, die Series 4, der SE überlegen (EKG). Das ist auf den ersten Blick erst einmal etwas verwirrend. Jahrelang folgten die Apple Watches einem einfach zu durchschauenden Muster. Dass ein vom Zeitpunkt her neueres Modell bei einigen Funktionen hinter ein älteres zurückfällt, gab es bislang nicht.

Die Verpackungen der Apple Watch SE (oben) und der Series 6 im Vergleich: Bei der SE ist der Schriftzug aufgedruckt, bei der Series 6 eingeprägt. Ansonsten gibt es keine Unterschiede.
Die Verpackungen der Apple Watch SE (oben) und der Series 6 im Vergleich: Bei der SE ist der Schriftzug aufgedruckt, bei der Series 6 eingeprägt. Ansonsten gibt es keine Unterschiede.

Was darf es sein?

Wer sich jetzt eine neue Apple Watch direkt bei Apple kaufen möchte, hat die Wahl zwischen drei Modellen: Dem Topmodell Apple Watch Series 6, der Apple Watch SE und der Apple Watch Series 3.

Die Apple Watch SE wird vom S5-Chip angetrieben, der schon in der Series 5 steckte. Er ist sehr schnell und dem S3 in der Series 3 um einiges überlegen. Dies bemerkt der Nutzer vor allem beim Aufruf von Apps, aber auch in der Flüssigkeit der Animationen. Weil der S3 nicht leistungsfähig genug ist, hat die Series 3 einige rechenintensive Funktionen nicht. Der S6-Chip ist dagegen im Vergleich zum S5 nicht so viel schneller, dass man ihn unbedingt haben muss.

Durch die bessere Hardware beherrscht die SE zum Beispiel die Handwascherkennung, die die 20 Sekunden mitzählt, hat einen Kompass, erlaubt Schlaftracking, misst Lärmpegel, kann Stürze erkennen und Rettungsdienste alarmieren und bietet einen immer aktiven Höhenmesser. Apple hat der SE auch alle Zifferblätter spendiert, die beim Topmodell Series 6 verfügbar sind.

Die Apple Watch SE hat kein Always-on-Display. Im Stand-by wird der Bildschirm deshalb schwarz - wie zuletzt bei der Series 4.
Die Apple Watch SE hat kein Always-on-Display. Im Stand-by wird der Bildschirm deshalb schwarz – wie zuletzt bei der Series 4.


Beim Bildschirm sind die Unterschiede zwischen Series 6 und SE dagegen schon größer. Das Topmodell hat ein Always-On-Retina Display in der 2. Generation. Seit der Series 5 ist der Bildschirm immer aktiv, im ruhenden Modus mit geringerer Aktualisierungsrate. Die  Apple Watch SE wird dagegen wie die Series 3 schwarz im Stand-by. Was sie dem älteren Modell hingegen voraus hat, ist der größere Bildschirm. Die Auflösung beträgt 368×448 Pixel gegenüber 312×390 Pixel bei der Series 3 – das sind 30 Prozent mehr.

Was alle drei Modelle können, ist das kontaktlose Bezahlen mit Apple Pay. Sie sind zudem schwimmfähig in bis zu 50 Metern Tiefe.

So ist die Uhr im Alltag

Wer die Apple Watch Series 4 bis 6 schon in Aktion erlebt hat, wird im Alltag kaum bis gar keine Unterschiede in Sachen Schnelligkeit und Akkulaufzeit feststellen. Bei unserem Testgerät, einer 40mm Apple Watch in Space Grau, war der Akku am Abend gegen 18 Uhr noch zu etwa 70 Prozent geladen. Später in der Nacht, als wir die Uhr in die Aufladung gaben, waren noch 47 Prozent Restakku vorhanden. Das heißt, dass die Uhr bei normalem Gebrauch locker eineinhalb bis zwei Tage schafft. Das Aufladen über das magnetische Ladekabel geht gewohnt schnell vonstatten, so dass rasches „Auftanken“ möglich ist.

Unser Testgerät, das auch das LTE-Mobilfunkmodul enthält, kostet im Apple Online Store rund 340 Euro.

Weitere Gebrauchsfälle

Betrachtet man die Funktionen der SE, drängt sich gleich noch ein weiterer Gebrauchsfall für die Apple Watch SE auf: als Schutzengel für Kinder und Senioren. Apple hat diese Idee auch mit einer neuen Softwarefunktion flankiert, nämlich der so genannten Familienkonfiguration, die es ermöglicht, mit einem einzigen iPhone mehrere Uhren für verschiedene Familienmitglieder zu installieren. Bislang war pro Uhr ein iPhone nötig, sofern nicht alle Uhren nur von einer Person getragen wurden und die gleichen Benachrichtigungen zeigen sollen. Die Series 3 beherrscht die Familienkonfiguration nicht.

Übersichtlich: Die Apple Watch SE hat einen Pulssensor, der mittels Licht arbeitet. Weil aber EKG und Blutsauerstoffsensoren fehlen, ist die Rückseite des Gehäuses anders beschaffen als bei der Series 5 und 6.
Übersichtlich: Die Apple Watch SE hat einen Pulssensor, der mittels Licht arbeitet. Weil aber EKG und Blutsauerstoffsensoren fehlen, ist die Rückseite des Gehäuses anders beschaffen als bei der Series 5 und 6.

Mobil – auch mit Funk

Ein nachträglich herbeigeführter Unterschied zur günstigeren Series 3 ist die Fähigkeit der Apple Watch, Mobilfunk zu nutzen. Mit der Cellular-Variante und einer zusätzlich zu kaufenden eSIM ist die SE auch ohne WLAN im Internet unterwegs und kann als Telefon agieren. Dies ist zum Beispiel nützlich bei den Alarmfunktionen oder generell für die Konnektivität. Die Series 3 konnte das früher allerdings auch schon. Hier hat Apple das entsprechende Modell vom Markt genommen.

Normalerweise ist Mobilfunk bei der Apple Watch kein Muss. Wer sein iPhone mit sich trägt, hat die Mobilfunkverbindung nämlich in der Tasche. Die Uhr nutzt dafür ihre Verbindung zum Smartphone. Sinnvoll ist die Cellular-Variante nur, wenn man häufiger nur mit der Uhr unterwegs ist. Anders ist der Fall allerdings bei der Familienkonfiguration, die ja eben kein iPhone voraussetzt. Nutzer dieser Geräte dürften in der Regel kein iPhone mit sich führen. Dann ist die Konnektivität beim WLAN-Modell außerhalb der eigenen vier Wände deutlich eingeschränkt – Mobilfunk also viel nützlicher.

Weitere Unterschiede

Es gibt beim genaueren Hinsehen noch eine Reihe weiterer Unterschiede gegenüber der Series 3, deren Nutzen aber unterschiedlich groß ist: So wird der neueste Bluetooth-Standard 5.0 unterstützt (statt 4.2 bei der Series 3), das SE hat mit 32 Gigabyte mehr Speicher (8 GB bei der Series 3), der Lautsprecher ist 50 Prozent lauter und der Beschleunigungssensor erkennt bis zu 32 G statt 16 G. Wer also zum Beispiel viele Podcasts auf der Uhr speichern möchte oder einen besonders lauten Wecker möchte, könnte gegenüber der Series 3 zusätzliche Argumente für das SE finden. Das lässt sich aber nicht verallgemeinern.

Abgrenzung nach oben

Nach oben, zur Series 6, grenzt sich die SE durch verschiedene fehlende Funktionen ab: Neben dem Always-On-Bildschirm, dem Blutsauerstoff- und dem EKG-Sensor hat der Käufer vor allem keine Auswahl beim Material. Es gibt die SE nur in Aluminium und nur in 3 Farben (Silber, Gold, Space Grau). Die Series 6 gibt es auch in TItan und Edelstahl sowie in verschiedenen Farben. Das klingt erstmal schlecht, aber längst nicht jeder möchte ein teureres Material kaufen und Aluminium ist keine schlechte Wahl.

Vielseitig: Alle neuen Zifferblätter in watchOS 7 werden auch von der Apple Watch SE unterstützt.
Vielseitig: Alle neuen Zifferblätter in watchOS 7 werden auch von der Apple Watch SE unterstützt.

Was kaufen?

Die Frage, für welche Apple Watch man sich entscheidet, ist nicht leicht zu beantworten. Wer die Grundfunktionen wie Benachrichtigungen vom Smartphone und Fitness möchte und sich nicht am kleineren Display stört, kann mit der Series 3 eine Menge Geld sparen. Sie ist ab 213,45 Euro erhältlich und ein günstiger Einstieg in die Welt der Apple Watch. Aber sie hat keine große Zukunft mehr. So wie sie jetzt ist, wird sie auch bleiben.

Die Apple Watch SE (ab 291 Euro) kann deutlich mehr, dürfte bei künftigen Softwareupdates von neuen Zifferblättern und vielleicht auch Funktionen profitieren, und die 80 Euro Aufpreis gegenüber der Series 3 sind gemessen an dem, was man mehr bekommt, ziemlich wenig Geld. 

Die Zwickmühle entsteht eher nach oben hin. Die Series 6 (ab 418,15 Euro) ist nämlich mit 127 Euro Preisunterschied zur SE beim Grundmodell auf den ersten Blick gar nicht so viel teurer. Gerade der immer aktive Bildschirm, aber auch der zusätzliche passive Gesundheitsschutz können einem das durchaus wert sein.

Aber man schaue bitte genau hin: Bei der Apple Watch SE ist der Aufpreis für die Cellular-Variante mit 50 Euro nur halb so hoch wie bei der Series 6 (100 Euro). Je nach Konfiguration ist die SE also schon jetzt deutlich günstiger als das Topmodell.

Gleichstand mit der Series 6: Die Apple Watch SE hat einen immer aktiven Höhenmesser.
Gleichstand mit der Series 6: Die Apple Watch SE hat einen immer aktiven Höhenmesser.


Was Apples Preisgedanken einen Strich durch die Rechnung macht, ist der restliche Einzel- und Onlinehandel. Dieser dürfte nämlich die bei Apple selbst nicht mehr erhältliche Series 5 zu günstigeren Preisen abstoßen. Und da die Series 5 eigentlich so gut wie gar nicht hinter der SE zurückfällt, sondern eher noch mehr kann, ist sie natürlich der bessere Deal.

Der Preis ist folglich ein wenig der Spielverderber bei der Apple Watch SE. Sollte sie, was einige vermuten, in den nächsten Jahren die Series 3 als Einstiegsmodell ersetzen und günstiger werden, würde sie das deutlich attraktiver machen.

Fazit

Eine allgemeingültige Empfehlung lässt sich schwer aussprechen. Die Apple Watch SE knüpft an das Gute der Series 4 bis 6 an. Wer keine Series 5 mehr ergattert, sollte genau hinschauen, ob die zusätzlichen Funktionen der Series 6 wirklich benötigt werden. Wenn nicht, lässt sich mit der SE Geld sparen – nicht immens viel, aber genug, um drei bis vier Armbänder zusätzlich kaufen zu können. Und die passen – zur großen Freude der Benutzer – bis heute an allen Modellen.

Geschrieben von
Malte
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